Forschungsergebnisse zur Friedreich Ataxie unter Federführung von Medizinern der Uniklinik RWTH Aachen veröffentlicht
Der europäische Forschungsverbund European Friedreich's Ataxia Consortium for Translational Studies, kurz EFACTS, hat seine Forschungsergebnisse diesen Monat in The Lancet Neurology, einer der renommiertesten medizinischen Fachzeitschriften weltweit, veröffentlicht. Univ.-Prof. Dr. med. Jörg B. Schulz, Direktor der Klinik für Neurologie und Sprecher des Zentrums für Seltene Erkrankungen Aachen (ZSEA), leitet das Patientenregister und eine Studie zum natürlichen Verlauf der Erkrankung. Zusammen mit Univ.-Prof. Dr. med. Kathrin Reetz, Oberärztin der Klinik für Neurologie, und einem Expertenteam der Uniklinik RWTH Aachen wurden jetzt die Daten einer prospektiven Querschnittserhebung publiziert. Der Beitrag ist wegweisend für die Erforschung der Erkrankung, für die es bislang noch keine Heilung gibt, sowie für die Etablierung zukünftiger klinischer Studien.
Die Friedreich Ataxie gehört zu den neurodegenerativen Erkrankungen und tritt in der Regel um die Pubertät auf. Mit einer Krankheitshäufigkeit von circa 1:50.000 in der europäischen Bevölkerung gehört sie zu den seltenen autosomal rezessiv vererbten Erkrankungen. Bei diesem Vererbungsmodus sind beide Eltern genetische Anlageträger, erkranken aber im Gegensatz zu ihren Kindern nicht selbst. Circa jeder 100. in der Bevölkerung ist genetischer Anlageträger. Klinisch führt die Erkrankung unter anderem zu unkoordinierten Bewegungsabläufen (Ataxie), Haltungs- und Gangstörungen, Gleichgewichts- und Sehstörungen, aber auch zu Herzmuskelerkrankungen, Diabetes und Skoliose. Betroffene werden in der Uniklinik RWTH Aachen im ZSEA betreut.
Für die Studie analysierte EFACTS prospektiv erhobene Querschnittsdaten von 592 Friedreich-Ataxie Patienten aus insgesamt elf EFACTS Kliniken in sieben europäischen Ländern. Es wurden drei Patientengruppen gebildet: (I) Patienten mit einem frühen Krankheitsausbruch bis zum 14. Lebensjahr, (II) Patienten mit einem typischen Krankheitsausbruch bis zum 25. Lebensjahr und (III) Patienten mit einem späten Krankheitsausbruch ab dem Alter von über 25 Jahren. EFACTS stellte fest, dass ein früherer Ausbruch der Krankheit mit dem Ausmaß des Gendefektes (sog. GAA-Wiederholungen) in Zusammenhang steht und einen schneller fortschreitenden Krankheitsverlauf zur Folge hat. Es wurden verschiedene klinische Untersuchungsmethoden eingesetzt und ausgewertet. Hierbei erwiesen sich die schnelle und klinisch einfach durchführbare SARA-Skala (Scale for the Assessment and Rating of Ataxia) zur Messung der Ataxie und die Erhebung der Aktivitäten des täglichen Lebens der Patienten als klinisch besonders geeignete Messinstrumente zur Erfassung der Erkrankungsentwicklung. Diese Erkenntnisse sind richtungsweisend für zukünftige klinische (Therapie-)Studien, um Patientengruppen zielgerichtet auszuwählen und den weiteren Verlauf der Erkrankung besser einschätzen zu können.
Die Studie wurde von der EU-Kommission finanziert und ermöglicht es, die Merkmale der Friedreich Ataxie in Zukunft besser zu verstehen.
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Prodekan als ständiger Stellvertreter des Dekans