Humangenetiker der Uniklinik RWTH Aachen identifizieren Kleinwuchsgen

 

Paternally Inherited IGF2 Mutation and Growth Restriction

Paternally Inherited IGF2 Mutation and Growth Restriction.Matthias Begemann, Ph.D., Birgit Zirn, M.D., Ph.D., Gijs Santen, M.D., Ph.D., Elisa Wirthgen, Ph.D., Lukas Soellner, M.Sc., Hans-Martin Büttel, M.D., Roland Schweizer, M.D., Wilbert van Workum, Ph.D., Gerhard Binder, M.D., and Thomas Eggermann, Ph.D..N Engl J Med 2015; 373:349-356 July 23, 2015DOI: 10.1056/NEJMoa1415227

Humangenetiker der Uniklinik RWTH Aachen identifizieren Kleinwuchsgen

Der Arbeitsgruppe um Dr. Matthias Begemann und Prof. Dr. Thomas Eggermann am Institut für Humangenetik der Uniklinik RWTH Aachen gelang in interdisziplinärer Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen aus Süddeutschland und den Niederlanden die Identifikation eines Gens, das für Kleinwuchs verantwortlich ist. In der Juli-Ausgabe des New England Journal of Medicine (N Engl J Med. 2015 Jul 23;373(4):349-56), einer der renommiertesten medizinischen Fachzeitschriften weltweit, berichtet das Expertenteam über ihre Forschung und den Nachweis einer Mutation im IGF2-Gen. Der Beitrag ist wegweisend für die Erforschung von Kleinwuchssyndromen und trägt mit großer Relevanz für Betroffene zum Verständnis von Wachstumsprozessen und ihren Störungen im Ganzen bei.

Das genannte IGF2-Gen enthält die Information für den Wachstumsfaktor IGF-ll, der bisher für das vorgeburtliche Wachstum verantwortlich gemacht wurde und weniger für das Wachstum nach der Geburt. Mit dem Nachweis einer IGF2-Mutation bei drei Familien-Angehörigen, die sowohl bereits während der Schwangerschaft als auch nach der Geburt zu klein waren, konnte das Team um Prof. Dr. Thomas Eggermann erstmals zeigen, dass das IGF-ll anders als bisher angenommen auch eine wesentliche Rolle beim Wachstum nach der Geburt spielt.

Identifiziert wurde die Mutation bei kleinwüchsigen Patienten mit der klinischen Diagnose eines Silver-Russell-Syndroms. Mit einer Krankheitshäufigkeit von 1:30.000 gehört dieses Syndrom zu den seltenen Erkrankungen und ist neben Kleinwuchs durch spezifische Gesichts- und Körperauffälligkeiten charakterisiert, die im Erwachsenenalter jedoch meist in den Hintergrund treten. Mit dem Nachweis der Mutation bei diesem Kleinwuchs-Syndrom konnte erstmals gezeigt werden, dass eine Störung des IGF2-Stoffwechels die Ursache darstellt. Zwar ist das Silver-Russell-Syndrom selten, die zugrundliegenden Mechanismen helfen aber auch, allgemein das Zustandekommen von Kleinwuchs zu verstehen.

Aufgrund der Seltenheit gibt es sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene kaum Arbeitsgruppen, die sich mit der Aufklärung von Krankheitsmechanismen und Erforschung von genetischen Ursachen sowie der Entwicklung neuer diagnostischer und therapeutischer Verfahren beschäftigen. Daher hat die Aachener Arbeitsgruppe zusammen mit Kollegen im In- und Ausland Netzwerke gegründet, die sowohl vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) als auch von der Europäischen Union als Netzwerk EUCID.net (www.imprinting-disorders.eu) unterstützt werden.

Die Kombination aus enger interdisziplinärer und synergistischer Zusammenarbeit mit Genetikern, Klinikern, Molekularbiologen und Bioinformatikern und die Verwendung neuester Methoden („Next Generation Sequencing“) als Ergänzung zur klassischen Datenerhebung führte zu dieser Genidentifikation. Dieses Ergebnis ist richtungsweisend für die zukünftige translationale Forschung, um Patientengruppen und Angehörige auch bei seltenen Erkrankungen zielgerichtet und adäquat behandeln und beraten zu können. Unterstützt und erleichtert wird diese Forschung und deren Nutzung auch durch die Zusammenarbeit der Arbeitsgruppe mit deutschen und europäischen Selbsthilfegruppen, insbesondere dem Zentrum für seltene Erkrankungen Aachen (ZSEA) kommt hierbei eine Schlüsselrolle zu.

Human Geneticists from the RWTH Aachen report on the identification of a gene involved in growth retardation

By an interdisciplinary approach with colleagues from South Germany and The Netherlands the group of Dr. Matthias Begemann and Prof. Dr. Thomas Eggermann, Institute of Human Genetics, University Hospital, RWTH Aachen, has identified a gene mutation in which are associated with growth retardation. In the July issue of New England Journal of Medicine (N Engl J Med. 2015 Jul 23;373(4):349-56), a highly reputated scientific journal, the team reports on research activities and the identification of a mutation in the IGF2 gene. This result is ground-breaking for the understanding of growth and its disturbances in general.

The IGF2 gene encodes the growth factor IGF-ll which has been postulated to be mainly involved in prenatal growth factor, whereas its significance for postnatal growth was not obvious. With the identification of an IGF2 mutation in three members of a family with intrauterine and postnatal growth retardation, the team of Prof. Dr. Thomas Eggermann could confirm for the first time that IGF-II is not only responsible for prenatal development but that it also contributes to postnatal growth.

The mutation was identified in patients with the clinical diagnosis of Silver-Russell syndrome. With a frequency of 1:30.000 among newborns this disorder belongs to the group of rare diseases. In addition to growth retardation Silver-Russell syndrome is also characterized by specific craniofacial and body features, which become less prominent in adulthood. With the identification of the mutation it could be shown that a disturbed physiology of IGF2 causes growth retardation. Indeed, Silver-Russell syndrome is rare, but its basic mechanism contributes to the general understanding of growth and its disturbances. Due to the rareness of the disease there is only a limited number of groups aiming on identifying basic mechanisms as well as new diagnostic and therapeutic procedures. In close cooperation with national and international partners, the group in Aachen has therefore initiated networks to decipher the etiology of imprinting disorders which are supported by the Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) and the European Union (www.imprinting-disorders.eu, EUCID.net).

By the close interdisciplinary cooperation of geneticists, physicians, molecular biologists and bioinformaticians, and the application of new methods (e.g. Next Generation Sequencing) the group succeeded in the identification of the mutation. The obtained data are important for future translational research activities in order to support the patients and their relatives by a well-directed therapy and counseling. The research is facilitated by the cooperation of the group with national and international patient support groups. In particular, the Center for rare diseases Aachen (Zentrum für seltene Erkrankungen Aachen, ZSEA) will play a key role in this communication process.